Überholung eines GKN Overdrives

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Version vom 24. März 2015, 13:30 Uhr von Sigi H (Diskussion) (Bestandsaufnahme defekter Overdrive)
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Kurz & Knapp
Fahrzeug alle mit GKN Overdrive
Kategorie D
Zeitaufwand > 10h
Werkzeug gute Werkstattausrüstung
Ersatzteile siehe Text

Beschreibung

Überholung eines GKN Overdrives (OD)

Vorab einige Infos zur Selbsthilfe

Die Liste von Fahrzeugen, die mit einem Overdrive ausgestattet waren ist relativ lang. Angefangen über Jaguar, Triumpf, MG, Volvo, Ford bis hin zu Ferrari wurden gerne Fahrzeuge mit Vierganggetriebe mit einem Overdrive ausgestattet. Die Basis all dieser Zusatzgetriebe bildet das Laycock de Nomanville Overdrive mit dem Merkmal, dass es sich um ein Getriebe mit der Eingangswelle auf der einen und der Ausgangswelle auf der anderen Seite handelt, ein „Durchgangsgetriebe“ also, das einfach hinten am Schaltgetriebe angeflanscht wird. Der GKN Overdrive basiert ebenfalls auf dem Laycock Overdrive, mit dem Hauptunterschied, dass der GKN (R-Type) Overdrive Ein- und Ausgang auf der gleichen Seite hat. Er nimmt sozusagen das Drehmoment vom Schaltgetriebe über die innen liegende Eingangswelle auf und gibt es über das konzentrisch auf der Eingangswelle sitzende Zahnrad im Verteilergetriebe (LT230) des Land Rovers wieder ab. Der GKN R-Type Overdrive basiert auf dem Laycock J-Type. Das „R“ steht für „reverse“, was eine umgekehrte Drehrichtung im Vergleich zum J-Type bedeutet. Viele Teile sind zwischen R-Type und J-Type austauschbar, aber nicht der Planetenradsatz und das zugehörige Sonnenrad, weil durch den umgekehrten Drehmomentverlauf die Zahnrichtung ebenfalls umgekehrt ist. Im Internet ist relativ viel Material zu finden, wenn man nicht nur nach „GKN Overdrive“ sucht, sondern eben auch nach „Laycock“, bzw die oben genannten Automarken in Verbindung mit dem Begriff „Overdrive“. Die meissten Suchergebnisse sind allerdings englischsprachig.

Funktion

Zum Funktionsprinzip des Overdrive findet man ebenfalls viel im Internet. An dieser Stelle sei deshalb nur folgendes erwähnt: Der Overdrive ist im Wesentlichen ein schaltbares Planetengetriebe. Ein- und ausgeschaltet wird es mit einer elektrohydraulisch betätigten Konuskupplung, die im Direktgang mit Federkraft den Planetenradsatz überbrückt und das Drehmoment direkt von der Eingangswelle auf die Ausgangswelle leitet. Wird der Overdrive eingeschaltet zieht eine Hydraulik die Konuskupplung zurück in einen Bremsring. Da die Konuskupplung mit dem inneren Sonnenrad des Planetenradsatzes (welches nun fest gehalten wird) über eine Verzahnung verbunden ist, wird nun das Eingangsdrehmoment auf die Planetenräder geleitet. Das hat zur Folge, dass sich die Ausgangswelle (die mit dem äusseren Sonnenrad verbunden ist) nun um das Übersetzungsverhältnis schneller dreht. Gut erklärt und veranschaulicht ist das hier (englisch): http://www.uniquecarsandparts.com.au/how_it_works_laycock_overdrive.htm

Die Schnittzeichnungen erklären den Unterschied zwischen J-Type und R-Type:

GKN overdrives cut.jpg

Diese original Schnittzeichnung stammt von einem J-Type, also befindet sich die Ausgangswelle rechts und die Eingangswelle links. Beim R-Type muss man sich lediglich die Ausgangswelle auf der rechten Seite als hohles Rohr vorstellen

GKN overdrives cut R-Type.jpg

Ich habe versucht, das mit einfachen Änderungen am Schnittbild darzustellen. Die Ausgangswelle, auf der das schrägverzahnte Zahnrad sitzt ist blau dargestellt und die Eingangswelle rot. Der dünne Zapfen auf der roten Eingangswelle sitzt im rückwärtigen Deckel des R-Type (grün) in einem Bronze Lager. Die Konuskupplung befindet sich übrigens in der oberen Hälfte des Schnittbildes im Oberdrive Modus (Konuskupplung sitzt im Bremsring) und im unteren Teil des Bildes im Direct Drive Modus (Konuskupplung sitzt auf der Ausgangswelle).

Die beste und detaillierteste Reparaturanleitung für ein Laycock J-Type findet man hier:

Theorie: http://www.buckeyetriumphs.org/technical/jod/JOD1/JOD1.htm

Zerlegung: http://www.buckeyetriumphs.org/technical/jod/JOD2/JOD2.htm

Zusammenbau: http://www.buckeyetriumphs.org/technical/jod/JOD3/JOD3.htm

Test und Fehlersuche: http://www.buckeyetriumphs.org/technical/jod/JOD4/JOD4.htm

Mit etwas technischem Verständnis und den oben eingefügten Schnittzeichnungen ist die technische Verwandtschaft zwischen dem Laycock J-Type und dem GKN R-Type gut erkennbar und die Vorgänge sind somit übertragbar. Im hydraulischen Teil sind beide ODs nahezu identisch. Der Dashpot (Druckregler und –speicher) ist etwas anders aufgebaut. Ölpumpe und Filtereinsatz, sowie das elektrische Ventil sind gleich. Das Gehäuse des R-Type macht einen etwas stabileren Eindruck. Beim R-Type Gehäuse fehlt das eingeschraubte Relief Valve, vermutlich aufgrund des geänderten Dashpot Designs.

Werkzeuge

Für die Arbeiten am OD sind folgende Spezialwerkzeuge nötig. Zum Entfernen der Deckel im Hydraulikteil des Overdrive benötigt man einen einstellbaren Stirnlochschlüssel mit 5mm Stiften. Alle drei Deckel (Hydraulikpumpe, Hochdruckfilter, Druckspeicher) lassen sich recht leicht entfernen, wenn man sie zuerst mit einigen Hammerschlägen prellt und damit lockert. Ein weiteres „Spezialwerkzeug“ ist ein einfacher Bleistift. Er ersetzt das Laycock Spezialwerkzeug L401. Man benötigt das L401 um den Ventilkörper des Druckspeichers (Dashpot) aus dem Getriebegehäuse zu bekommen. Es fasst den Ventilkörper durch die Regelbohrung mit einem Haken und ermöglicht das Herausziehen, ohne die empfindliche Regelbohrung im Ventilkörper zu beschädigen. Ich habe einfach den Bleistift mit dem Hammer in diese Bohrung geklopft und den Ventilkörper am Bleistift aus dem Gehäuse gezogen. Da der Ventilkörper nur durch die O-Ringe im Gehäuse gehalten wird geht dies ohne das Risiko den Bleistift abzureissen. Danach habe ich den Bleistift mit einem anderen Holzstäbchen wieder aus dem Ventilkörper geklopft. Das dritte „Spezialwerkzeug“ ist eine hydraulische Werkstattpresse mit passenden Druckstücken zum Einpressen von Lagern und Dichtringen. Meine einfache 10to Presse hat sowohl für die Demontage, als auch für die Montage problemlos gereicht.

Bestandsaufnahme defekter Overdrive

Ich konnte das Getriebe günstig in defektem Zustand zum Preis von 100,- Schweizer Franken erwerben. Fehlerdiagnose war ein Durchrutschen des Getriebes im direkten Gang. Das Getriebe konnte ohne Widerstände gedreht werden, so dass auszuschliessen war, dass es im Inneren einen dramatischen Defekt oder einen Bruch von Komponenten gab. Die Demontage des Getriebes ergab 2 Defekte, abgesehen davon, dass es innen völlig verdreckt war und alles von einer dicken, klebrigen schwarzen Schicht bedeckt war. Der erste und offensichtlichste Fehler war (wie das Fehlerbild schon vermuten liess) eine verschlissene Konuskupplung. Der innere Belag der Konuskupplung war fast völlig verschwunden und erklärte damit das Durchrutschen des Overdrives im direkten Gang. Es erklärt ebenfalls die völlige Verdreckung des Overdrives. Der abgeschliffene Kupplungsbelag hat das Getriebe innen total zugekleistert, was auf zu lange Ölwechselintervalle schliessen lässt.

Defekte Konuskupplung.jpg

Erkennbar auf dem Foto ist, dass der äussere Kupplungsbelag mit ca. 2mm Stärke noch vollständig vorhanden ist, aber der innere Belag völlig abgeschliffen. Zum Vergleich die neu belegte Kupplung von Overdrive Repair Services im Austausch

Neue Konuskupplung.jpg

Der zweite Fehler betrifft das Stützlager der Eingangswelle im hinteren Lagerdeckel. Es war stark ausgeschlagen.

Stuetzlager.jpg

Die Lagerung besteht aus einer gewickelten Bronzebuchse mit Stahlrücken. Die Buchse sass bereits lose im Lagerdeckel und hat sich wohl schon mitgedreht. Auch zwischen Welle und Buchse war sehr hohes Spiel. Zum Glück ist im Lagerdeckel genug Fleisch, dass man eine selbstgedrehte Buchse einpassen kann. Der Wellenstumpf ist zylindrisch mit einem Mass von 14,25mm. Im Getriebe gab es durchaus Späne zu finden, so dass ich nicht sagen kann welches Ursprungsmass der Zapfen hatte. Die Buchse hat aussen 19,0mm und innen 14,4mm. Die Bohrung im Lagerdeckel ist auf 19,15mm aufgeweitet.